Ein Q History-Interview mit der Kuratorin Margret Kampmeyer-Käding zur Geschichte des jüdischen Comics.
Unter dem Titel „Helden, Freaks & Superrabbis“ zeigt das Jüdische Museum in Berlin eine recht ungewöhnliche Ausstellung. Und zwar über Comics. Aber nicht nur einfach über Comics, sondern die Ausstellung verbindet die Geschichte des Comics mit der jüdischen. Frau Margret Kampmeyer-Käding ist Kuratorin des Jüdischen Museums in Berlin und Zuständig für die Comic-Ausstellung „Helden, Freaks und Superrabis“. Philipp Spreckels hat sie angerufen und etwas näher zur Ausstellung befragt.
Q History: Sie sind Projektleiterin speziell für die Comic-Ausstellung.
Margret Kampmeyer-Käding: Ja. Also Projektleiterin für die Comic-Ausstellung wie sie hier in Berlin gezeigt wird. Das ist ja eine Übernahme aus Paris und Amsterdam. Und für Berlin wollten wir diese Ausstellung etwas umstellen. Wir haben uns dann allerdings dazu entschieden, stärker einen chronologischen Faden beizubehalten.
Denn im Grunde genommen handelt es sich um Comic-Geschichte, die nur aus der Perspektive der jüdischen Zeichner gesehen wird. Und diese Veränderungen und nachher die Umsetzung dieser ganzen Ausstellung, das lag in meinen Händen.
Q History: Könnten Sie noch einmal als Einleitung in kurzen, knappen Sätzen sagen, also worum es in dieser Comic-Ausstellung geht?
Margret Kampmeyer-Käding: Die Comic-Ausstellung zeigt den unglaublich großen Einfluss und den Beitrag, den jüdische Zeichner und Autoren, aber auch Verleger und Redakteure, auf den amerikanischen Comic gehabt haben. Die Hauptzeit umfasst von Ende der dreißiger Jahre bis Mitte der Fünfziger, dass heißt von Beginn des Comic-Heftes bis MAD und ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der Herausbildung der Graphic Novel Ende der siebziger Jahre.
Q History: Wenn jetzt die Ausstellung in Berlin den Schwerpunkt auf die Chronologie legt und auch etwas stärker auf den Graphic Novel eingeht. Als Vergleich, wo lagen jetzt die Schwerpunkte in Paris und Amsterdam?
Margret Kampmeyer-Käding: Lassen Sie es mich so sagen. Also, wir haben die Chronologie eingehalten aber in Amsterdam und Paris waren die Schwerpunkte zum Beispiel Will Eisner, der mit seinem Frühwerk und seinem Spätwerk zusammen gezeigt wurde. Während wir die Heldencomics, die auch Eisner gemacht hat, in dieser früheren Periode verortet haben. Das ist ja bei Spiegelman sehr stark und eigentlich ist das auch, also diese Maus-Geschichte über die Überlebensgeschichte seines Vaters, eine der bekanntesten literarischen Comics und das hat viele Nachfolger gefunden, es hatte aber auch einige Vorläufer, die sehr isoliert waren. Und wir haben dieses Thema aber jeweils verankert gelassen in der Epoche in der sie entstanden sind.
Q History: Wie waren bisher die Reaktionen, beziehungsweise, wie wurde es bisher angenommen?
Margret Kampmeyer-Käding: Die Ausstellung wird gut besucht, sie wird nicht überrannt aber was uns auffällt ist, dass sehr viele Einzelbesucher kommen und das sie gezielt, nicht das Museum überhaupt ansteuern, sondern gezielt diese Ausstellung. Und wir haben auch gemerkt, dass hier sehr viele Comic-affine Leute herkommen. Also ich glaube die Comicwelt, die haben wir erreicht.
Q History: Ja ich will nochmal auf diese Emanzipation des Comics eingehen. Ich stell mich jetzt mal als Kritiker dar, der sagt: das sind ja alles schöne bunte Bilder, aber das ist doch trivial. Wie sind Sie solcher Kritik gegenüber getreten?
Margret Kampmeyer-Käding: Ja man muss ja nur mal Maus lesen. Spiegelman hat eigentlich bewiesen, dass man ein seriöses Thema, ein Thema mit dem man sich beschäftigen kann und muss, dass auch auf anderen Ebenen, in der Literatur, in der Dokumentation, behandelt wird, dass man das im Medium des Comics auf eine ganz besondere und eigene Art behandeln kann. Und dass man nicht nur eine Dokumentation herstellt, Grundlage waren ja diese Interviews, die Spiegelman mit seinem Vater gemacht hat, sondern dass er auch zugleich die eigene Befindlichkeit der zweiten Generation, die sich damit auseinandersetzen muss in den Comic mit hinein bringt, als Rahmenhandlung, die immer wieder auch diese laufende Erzählung unterbricht. Und die Art und Weise wie man es im Comic macht, kann so in der Literatur nicht stattfinden und auch in keinem anderen Medium. Nämlich in dieser sehr engen Verzahnung von, von Sprache, Bild und dieser besonderen Abfolge von Bildern, von Assoziationen, die der Besucher dabei hat, oder der Betrachter. Wenn man sich das einmal angeschaut hat, ist das völlig deutlich, dass das nicht die Übersetzung in ein niederes Medium ist, sondern das das seine eigenen Qualitäten hat. Und möglicherweise ist der Comic auch ein Medium, dass es ermöglicht über Dinge zu sprechen, die in einer konventionellen literarischen Sprache nicht sagbar sind.
Foto: (c) Jüdisches Museum Berlin
[…] Siehe auch das Q History-Interview mit der Kuratorin der Ausstellung. […]