In der Comic Kladde werden andere Saiten aufgezogen.
Season 1: Das lange Elend
In den vergangenen anderthalb Jahren hat sich in der Comic Kladde ein gewisser Stil herausgebildet. Statt kurzer Reviews, wie man sie im Netz zu Hauf findet, habe ich mich an langen Texten, Essays und Interviews versucht. Durchaus mit Erfolg. Neben dem Blick in die anonyme Blogstatistik bekam ich vor allem bei Twitter und auf Messen von vielen lieben Menschen zu hören, dass meine Artikel mit Vergnügen gelesen und für gut befunden wurden – nicht trotz, sondern gerade wegen der Textlänge! Das hat mich in der Vergangenheit darin bestärkt, den Hahn weiter auf zu drehen.
Die Texte wurden länger und länger und länger …
Der Gipfel war das Interview mit Daniel Lieske, für das ich geschätzte 32 Stunden geackert habe. Die Recherche, die Fahrtzeiten, das Gespräch mit Daniel selbst, die Sichtung der Tonaufnahmen, die Bebilderung, das Umschreiben und Abstimmen – bei zum Schluss 26.000 Zeichen kam eine Menge zusammen. Und das in kurzer Zeit, hatte ich es mir doch in den Kopf gesetzt, das Interview auf jeden Fall noch vor dem Comicfestival in München zu veröffentlichen. Als ich dann mit ordentlich Schlafdefizit in München ankam, war ich hin und hergerissen: zwischen Erschöpfung und Stolz, zwischen „was hast Du Dir dabei gedacht“ und auf-die-eigene-Schulter-klopfen.
Schlussendlich wurde mir aber klar, dass die Dinge aus dem Ruder gelaufen waren. Durch meine eigenen Qualitätsansprüche drohte die Comic Kladde zur reinen Schufterei zu verkommen – auch wenn ich auf die Ergebnisse immer noch stolz war.
Was tun?
Season 2: Wer hat der Form gedreht?
Statt mich in seitenlangen Essays und Interviews zu verlieren, will ich in Zukunft häufiger und kürzere Texte schreiben.
„Und was ist mit dem ‚das Netz brauch keine weiteren Kurz-Rezensionen‘-Spruch von vorhin?“
Korrekt. Ich bleibe dabei, dass das Netz keine weiterenn Standard-Rezensionsblog brauch. Aber das heißt nicht, dass man kurze Texte nicht spannend schreiben kann. Und muss es überhaupt immer ein Interview oder eine klassische Rezension sein? Was ist mit einem grafischen Kommentar, einem Gedicht, einem fiktiven Brief an den Herausgeber oder einer Kurzgeschichte?
Sprich: Die Textlänge wird abnehmen, die Kreativität im Umgang mit den Textformen aber steigen.
Zugegeben, ganz einfach wird das nicht. Ohne Mut zum Scheitern droht der Rückfall in Alt-Bewährtes. Aber wenn nicht im eigenen, kommerziell ungebundenen und redaktionell nicht-fremdbestimmten Blog – wo sonst sollte ich so etwas ausprobieren?
Eure Meinung?
Was haltet ihr von der Idee mehr kleine, kreative Texte statt wenige große zu lesen? Vielleicht habt ihr ja schon Wünsche oder Tipps? Ich bin für jedes Feedback dankbar.
Euer Philipp.
Postscriptum: Vom 9. bis 11. Oktober bin ich auf dem Comicfestival in Hamburg. Ich würde mich freuen den ein oder anderen von euch dort zu sehen. Meldet euch doch per Mail oder Twitter, wenn ihr vor Ort seid.
Hallo Philipp,
ich gehöre ja zu denen, die deine langen Texte immer sehr genossen haben. Gerade die Interviews fand ich großartig.
Ich kann deine Entscheidung aber durchaus nachvollziehen. Letztlich bleibt so ein Blog nun einmal Hobby und soll Spaß machen – wenn man sich irgendwann selbst unter Druck setzt oder das Gefühl hat, dass mehr Pflicht als Spaß damit verbunden ist, ist das auf Dauer weder für den Bloggenden noch für den Blog gut. Ich bin gespannt, was du demnächst für uns bereithalten wirst – egal, wie kurz oder lang die Beiträge werden.
Viele Grüße
Kathrin
Hi Kathrin,
danke für Deine lieben Worte! So ganz werde ich meine Finger sicher nicht von Interviews lassen können. 😉
Liebe Grüße
Philipp